ADFC Hessen: Nachrichten

19.03.2014

Radfahren auf der Straße muss zur Regel werden


Extratipp-Interview mit dem ADFC-Landesvorsitzenden Stefan Janke


Die Veröffentlichung dieses Textes auf unserer Website erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Redaktion des Rhein-Main EXTRATIPP

Damit noch mehr Menschen in die Pedale treten, wünscht sich Stefan Janke, Vorsitzender des ADFC Hessen, den Ausbau vorhandener Radwege und dass Verkehrsteilnehmer mehr Rücksicht aufeinander nehmen. Von Dirk Beutel

Stefan Janke

In einem bundesweiten Pilotprojekt wird ein Schnell-Radweg zwischen Darmstadt und Frankfurt geplant. Ist so etwas überhaupt sinnvoll?

Und ob! Alleine schon deswegen, weil es keine gute direkte Verbindung für Radfahrer zwischen Darmstadt und Frankfurt gibt. Die ganzen Anrainer-Kommunen würden profitieren, auch die dort angesiedelten Arbeitgeber. Das wären geradezu paradiesische Zustände: Ohne Kreuzungen mit direkten Durchfahrten durch die Kommunen. Wenn das Projekt kommt, dann wäre das ein Riesen-Schritt für die Region.

Wir haben viele Pendler im Rhein-Main-Gebiet, die einige Verkehrsmittel miteinander kombinieren müssen. Was halten Sie von sogenannten Falträdern?

Sie sind mit Sicherheit eine reizvolle Alternative. Vor allem, wenn man viele Strecken mit Bussen und Bahnen fahren muss. Zumal die Technik viel hochwertiger bei diesen Rädern ist, als etwa bei ihren Vorgängern aus den sechziger Jahren. Wir sind mit dem RMV im Gespräch, ob eine Kooperation mit einem Hersteller möglich ist, der seine Falträder über den Verkehrsverbund zum vergünstigen Preis anbieten kann.

Das Fahrrad genießt ein gutes Image. Doch laut einer Studien wünscht sich jeder Zweite bessere Radwege.

Viele Städte und Gemeinden haben noch an den Änderungen der Straßenverkehrsordnung des vergangenen Jahres zu knabbern. Sie müssen die Benutzungspflicht ihrer Radwege überprüfen, dass jetzt das Radfahren auf der Fahrbahn die Regel ist. Nur auf stark beanspruchten Straßen sind Radwege noch nötig, die aber auch eine entsprechende Qualität haben müssen. Hintergrund ist der, dass viele Unfälle auf den bisherigen Radwegen passieren, weil sie schlecht gemacht sind und Autofahrer, die nach rechts Abbiegen nicht schauen. Viele denken ein Radweg ist sicher, das stimmt aber nur, wenn kein Querverkehr da ist. Jede Einmündung oder Grundstücksausfahrt birgt ein Unfall-Risiko. Und aus der Unfallforschung hat sich ergeben, dass Radfahren auf der Fahrbahn viel sicherer ist.

Wie zufrieden sind Sie mit dem Ausbau des Radwegenetzes besonders in den Großstädten?

Frankfurt probiert viel für Radfahrer aus, ist dabei die Benutzungspflicht der alten Radwege aufzuheben, damit von den meisten Radfahrern die Fahrbahn benutzt werden kann. Ich würde sagen, man kann dort schon von einer Vorreiterrolle in Hessen sprechen. Dort gibt es ein Radfahrbüro mit Ansprechpartnern, die sich um die Belange von Radfahrern kümmern. Die anderen Großstädte müssten da allmählich mal nachziehen.

Ein einfaches Mittel für verbesserte Radwegeverbindungen ist die Öffnung von Einbahnstraßen für den Zweiradverkehr. Problematisch für Autofahrer.

Das ist längst kein Thema mehr. Zumal es seit 2001 in der Straßenverkehrsordnung verankert ist. Es gab noch nie schwere Unfälle in Einbahnstraßen. Das ist ein Irrglaube, dass dort etwas passieren kann. Im Gegenteil: Die Gefahr nimmt eher ab.

Konkret: Welche Hebel müssen noch für mehr Sicherheit auf der Straße bewegt werden?

Das Radfahren auf der Straße muss normal werden. Dazu müssen breitere Wege her, für die ganzen Radfahrer, die noch dazukommen werden, auch durch die Pedelecs. Wir brauchen bessere Sichtverhältnisse, mehr geöffnete Einbahnstraßen.

Fahrrad- und Autofahrer stehen häufig miteinander auf Kriegsfuß. Was kann man da machen?

Ich gehe davon aus, dass immer mehr Menschen Fahrrad- und Autofahrer sind und die Schwächen des jeweiligen Systems kennen. Und wenn beide Parteien mehr Rücksicht nehmen würden, wäre es entspannter auf den Straßen. Wir brauchen Platz für alle. In Frankfurt klappt das bisher ja schon ganz gut, wenn die Fahrspur auch von Radfahrern genutzt wird. Es muss in die Köpfe hinein, dass man sich gegenseitig nichts wegnimmt.

Heute tragen in Deutschland knapp zehn Prozent der Fahrradfahrer einen Helm. Bei Kindern unter zehn Jahren sind es immerhin 55 Prozent. Muss eine Helmpflicht her?

Die Zahlen sind für uns akzeptabel, wenn man bedenkt, dass die Helmquote bei einer großen Radfahrnation wie den Niederlanden oder Dänemark noch niedriger ist. Ein Helm ist kein Allheilmittel und er verhindert keine Verkehrsunfälle. Das ist aber unser Ziel. Deshalb setzen wir uns lieber dafür ein, den Radverkehr sicherer zu machen.

Der Entwicklungstrend bei E-Bikes und Pedelecs zeigt nach oben, im Gegenteil zu Elektro-Autos. Wie erklären Sie sich den Erfolg?

Es ist durchaus eine positive Entwicklung. Schade ist, dass die Elektromobilität beim Auto mit Milliarden Euro gefördert wird und nicht in die Gänge kommt, während es beim Fahrrad ohne Förderung bereits boomt ohne Ende. Das Fahrrad ist das einzige Produkt bei dem Elektromobilität tatsächlich funktioniert und nachgefragt wird. Gerade auch von Menschen, die dem Fahrrad längst abgeschworen hatten.

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