ADFC Hessen: Nachrichten

07.01.2015

ADFC-Stellungnahme zum Haushaltsplan des Landes


Hessischer Landtag Der Hessische Landtag in Wiesbaden. Foto: Balázs Jurcsó / Wikipedia

In ihrer Koalitionsvereinbarung versprachen CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das sich ändernde Mobilitätsverhalten der Bevölkerung (Nahmobilität zu Fuß und mit dem Rad) zu unterstützen und den Anteil des Radverkehrs in Hessen bis zum Jahr 2020 deutlich zu erhöhen. Während der letzten Legislaturperiode sprach der damalige Verkehrsminister Dieter Posch (FDP) sogar von einer Erhöhung auf 15 Prozent. Der Koalitionsvertrag vermeidet dagegen jedwede Konkretisierung der Ziele.

Der Landeshaushalt für das Jahr 2015 ist ein gutes Beispiel dafür, wie groß die Kluft zwischen Aussagen im Wahlkampf, zwischen Anspruch und Wirklichkeit in Hessen ist: Von der Finanzierung einer kraftvollen nachhaltigen Verkehrspolitik sind im vorhandenen Landeshaushalt allenfalls zaghafte Ansätze zu erkennen.

Der Radverkehr in Hessen hat Unterstützung tatsächlich dringend nötig. So weisen gerade einmal 11 Prozent der hessischen Landesstraßen Radwege auf. Der Ausstattungsgrad bei Radwegen an Landesstraßen liegt bundesweit bei 25 Prozent. Bei der Nutzung des Fahrrads im Alltagsverkehr sieht es ähnlich ungünstig aus: Der Anteil der mit dem Fahrrad zurückgelegten Wege an allen Wegen - also zu Fuß, mit dem Rad und mit allen anderen Verkehrsmitteln - beträgt in Hessen gerade mal rund 7 Prozent. Im Bundesdurchschnitt liegt dieser Wert bei 11 Prozent.

Wer von der neuen Landesregierung, und hier besonders von dem von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellten Verkehrsminister, Tarek Al-Wazir, in Hessen eine neue Weichenstellung hin zu einer fahrradfreundlichen Verkehrspolitik erwartet hat, wird bisher überwiegend enttäuscht. Wir haben dies erwartet und wir sind überwiegend enttäuscht.

Die Verbesserungen für den Radverkehr sind minimal und kaum wahrnehmbar. Es entsteht der Eindruck, dass zur Finanzierung des Radverkehrs zwischen den Regierungsparteien der kleinstmögliche gemeinsame Nenner gefunden wurde.

Der Landeshaushalt 2015 ist von der Schuldenbremse geprägt, die ab dem Jahre 2020 gelten wird. Sie beinhaltet für das Land Hessen ein (strukturelles) Neuverschuldungsverbot. Dieses Ziel soll durch Kürzungen in den Einzelplänen der Fachministerien erreicht werden.

So wird der Haushaltsansatz für den Ausbau von Landesstraßen in Höhe von 100 Millionen Euro um 10 Prozent gekürzt. Von der Kürzung ausgenommen ist der Ansatz für den Bau von Radwegen an bestehenden Landesstraßen. Das ist aber auch schon das einzige positive Element bei der Radverkehrsfinanzierung des Landes.

Der Haushaltsansatz beträgt wie im Vorjahr 4,0 Millionen Euro, steht aber nicht in voller Höhe für neue Baumaßnahmen zur Verfügung. Von den 4,0 Millionen Euro werden 2,36 Millionen Euro zur Finanzierung der in den Vorjahren begonnenen Radwegemaßnahmen und Zahlungen an die Kommunen im Rahmen des Kommunalen Interessenmodells in Höhe von 0,531 Millionen abgezogen. Bei dem Kommunalen Interessenmodell (KIM) handelt es sich um die Vorfinanzierung des Radwegebaus an Landesstraßen durch die Kommunen. Diese Radwege sind lange fertiggestellt. Mit den verbleibenden 1,150 Millionen Euro können im Jahre 2015 in Hessen lediglich drei neue Radwegebaumaßnahmen finanziert werden. Der Neubau von Landesstraßen wird ebenfalls durch die Finanzierung laufender Projekte und KIM Maßnahmen eingeschränkt. Im Gegensatz zu den drei neuen Radwegen werden im Jahre 2015 aber 78 Landesstraßenbauvorhaben begonnen. Den drei neuen Radwegen steht allerdings ein Bedarf von 160 Radwegebauvorhaben gegenüber.

Die im Landeshaushalt ausgewiesenen Planungsmittel für den Bau- /Ausbau von Bundesfernstraßen wurden von 33,5 Millionen Euro auf 40 Millionen Euro erhöht. Die Erhöhung der Planungsmittel soll die problemlose Umsetzung der für das Jahr 2015 vorgesehenen Bauvorhaben im Bereich der Bundesfernstraßen in Hessen ermöglichen. Dafür stehen Bundesmittel in Höhe von 700 Millionen Euro bereit.

Für den Radwegebau an Bundesstraßen stellt der Bund allen Ländern jährlich insgesamt 80 Millionen Euro bereit. Die Erhöhung der Planungskapazitäten für den Bundesfernstraßenbau darf nicht zu Einschränkungen bei der Planung von Radwegen an Bundesstraßen führen! Es muss gewährleistet sein, dass Hessen die Bundesmittel für den Radwegebau in gleicher Höhe wie in den Vorjahren umsetzen kann.

Im Landeshaushalt 2015 fehlt außerdem ein Förderprogramm für die Verbesserung der Nahmobilität. Nahmobilität findet überwiegend in den Kommunen statt. Der ADFC Hessen fordert daher schon seit sehr vielen Jahren ein Programm zur Finanzierung investiver und nicht-investiver kommunaler Maßnahmen. Was in Nordrhein-Westfalen möglich ist, sollte endlich auch in Hessen machbar sein. Ohne die Unterstützung der Kommunen durch das Land wird die von der Landesregierung propagierte deutliche Erhöhung des Radverkehrsanteils nicht zu erreichen sein.

Dem Landeshaushalt 2015 fehlt der Gestaltungswille hin zu einer nachhaltigen Radverkehrspolitik. Er stellt bisher lediglich die Fortsetzung der Verkehrspolitik der schwarz-gelben Landesregierung dar. Der ADFC Hessen fordert die Landesregierung auf, die verbleibende Legislaturperiode zu nutzen, um die im Landeshaushalt vorhandenen zaghaften Ansätze zur Finanzierung einer kraftvollen nachhaltigen Verkehrspolitik zu entwickeln. Damit würden die Belange des Fahrrads als umweltfreundliches und gesundheitsförderndes Verkehrsmittel endlich seinem aktuellen und potentiellen Stellenwert entsprechend berücksichtigt. Als ADFC Hessen setzen wir uns dafür mit aller Kraft ein. Mitstreiter sind herzlich willkommen!

Der Landesvorstand des ADFC Hessen


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