23. Juni 2015

Statement


Stellungnahme zur aktuellen Fahrradmobilitätspolitik

Begrüßenswerte Ansätze zu einem 'Fahrradland Hessen'

Statement von Norbert Sanden, Geschäftsführer ADFC Hessen, im Rahmen der Pressekonferenz zum Antrag der Fraktionen CDU und Bündnis 90 / Die Grünen "Fahrradland Hessen - Radverkehr als zentraler Mobilitätsbestandteil", Landespressekonferenz Hessen, 23. Juni 2015

Das Fahrrad ist das CO2-neutralste, kostengünstigste und gesundheitsförderndste Verkehrsmittel. Aber nicht nur das: Rad fahren gehört zum modernen Lebensgefühl und ist in unseren Städten immer präsenter. Rad zu fahren macht Freude und ist attraktiv. Schön geformte Fahrräder werden wieder poliert, zusammen mit schicker Kleidung sind sie Teil der Fahrradkultur. Das Fahrrad eignet sich sehr gut dafür, um mit anderen Verkehrsmitteln kombiniert zu werden. Diese Vernetzung sollte weiter ausgebaut werden.

Mit dem deutschen Städte- und Gemeindebund ist sich der ADFC darin einig, dass die Verkehrsinfrastruktur deutscher Städte zu stark auf den motorisierten Individualverkehr ausgerichtet ist und den heutigen Mobilitäts- und Lebenswünschen der Menschen nicht gerecht wird. Ein hoher Anteil des Fahrrads am Gesamtverkehr ist eine wesentliche Voraussetzung für eine lebenswerte und attraktive Stadt. Auch bei der Gestaltung des ländlichen Raumes spielt das Fahrrad eine wichtige Rolle, zum Beispiel als Zubringer zum öffentlichen Verkehr.

Das Fahrrad ist die tragende Säule der Nahmobilität.

Ein wichtiges Ziel der hessischen Mobilitätspolitik sollte es daher sein, das bislang nicht ausgeschöpfte Potenzial des Fahrrads im Alltagsverkehr, wie zum Beispiel auf dem Weg zur Arbeit, aber auch im Freizeitverkehr weiter zu aktivieren. Unsere Aufgabe als ADFC, als parteipolitisch unabhängiger Interessensverband, sehen wir darin, der hessischen Politik Anregungen für eine erfolgreiche Entwicklung der Fahrradmobilität zu geben und gute Beispiele vorzustellen. Wir setzen uns kontinuierlich dafür ein, dass der Radverkehr auch in Hessen Rückenwind bekommt und wir werfen selbstverständlich ein kritisches Auge auf die politische Praxis, d.h. darauf, was tatsächlich getan wird.

Wir können nicht behaupten, dass die Fahrradmobilität schon denjenigen Stellenwert und diejenige Unterstützung erhält, wie dies wünschenswert wäre, um die Lebensqualität in unseren Städten und auf dem Land zu verbessern und alle Bevölkerungsgruppen zum Radfahren zu motivieren.

Allerdings stellen wir seit einigen Monaten einen gewissen Wandel fest, den wir mit Freude begrüßen und den wir mit aller Kraft unterstützen und mitgestalten möchten.

Lassen Sie mich bitte, auf drei wichtige Elemente dieses Wandels kurz eingehen:

1. Sanierungsoffensive

Der ADFC Hessen begrüßt die von Minister Al-Wazir im Landesstraßenbau vorgenommene Priorisierung der Erhaltung von Straßen und nicht des Neubaus. Derzeit gibt es aber an nur 11 Prozent der Landesstraßen in Hessen einen Radweg. Dies ist im Bundesvergleich der viertschlechteste Wert. Wir freuen uns daher, dass aus Gründen der Verkehrssicherheit bis 2022 insgesamt 60 Radwege (es handelt sich teilweise um kürzere Lückenschlüsse) mit einer Gesamtlänge von 90 Kilometern neu gebaut werden sollen. Dies wird den Anteil der Landestraßen mit Radwegen allerdings nur unwesentlich erhöhen. Um mehr Menschen zum Radfahren zu motivieren und zumindest ans Mittelfeld der Bundesländer anzuschließen, hält der ADFC einen Ausstattungsgrad von wenigstens 20 Prozent für erforderlich. Bedauerlicherweise wird dieses Ziel aber auch nach Beendigung der Offensive nicht erreicht sein.

Der ADFC Hessen begrüßt ausdrücklich, dass von der Verschiebung der Aufwendungen vom Neubau auf die Sanierung von Straßen der Bau von Radwegen nicht betroffen ist. In den Jahren 2016 bis 2022 werden dafür jährlich 4,3 Millionen Euro bereitgestellt. Gegenüber den Ausgaben in den Vorjahren in Höhe von rund 2,3 Millionen Euro jährlich stellt dies eine erfreuliche Erhöhung dar. Der ADFC fordert, die Planungen für die 60 Vorhaben voranzutreiben, damit die insgesamt vorgesehen 30 Millionen Euro auch in voller Höhe ihrem Zweck entsprechend ausgegeben werden können.

Bei der Entwicklung Hessens zu einem "Fahrradland" stellen die Radwege an den Landesstraßen allerdings nur einen Baustein in der Radverkehrsförderung dar. Der größte Anteil des Radverkehrs entfällt auf die Kommunen. Die Kommunen benötigen daher die finanzielle Unterstützung des Landes beim Ausbau und der Unterhaltung ihrer Radverkehrsnetze sowie Beratung und Hilfe bei der Erstellung von Strategien und Konzepten zur Weiterentwicklung des Radverkehrs. Der ADFC sieht hier noch einen großen Handlungsbedarf seitens des Landes.

2. Antrag "Fahrradland Hessen - Radverkehr als zentraler Mobilitätsbestandteil"

In der fast 60-jährigen Geschichte des hessischen Landtages gab es von Seiten der Regierungsparteien noch niemals einen derart ausführlich und sachgerecht formulierten Antrag, mit dem eindeutigen politischen Ziel, den Radverkehr als zentralen Mobilitätsbestandteil anzuerkennen und die Bedingungen für seine Gestaltung zu verbessern.

Es ist selbstverständlich, dass in diesen grundlegenden Antrag nicht alle Aspekte der Fahrradmobilität und nicht sämtliche Wünsche des ADFC Hessen aufgenommen wurden. Daher werden wir uns für eine Erweiterung der im Antrag formulierten Ziele und Forderungen einsetzen.

Der ADFC Hessen begrüßt diesen historischen und richtungsweisenden Antrag der Fraktionen der CDU und von Bündnis 90/Die Grünen sehr. Er liegt am Puls der Zeit und bietet eine gute Grundlage für einen Sprung in die Zukunft. Wir würden uns daher sehr freuen, wenn alle Landtagsfraktionen diesem nicht-ideologischen und sachgerechten Antrag zustimmen würden.

3. AG Nahmobilität

Die Vorbereitung der in der Koalitionsvereinbarung angekündigten AG Nahmobilität ist erfreulicherweise inzwischen weit vorangekommen. Das Konzept und die Mitglieder des Lenkungskreises, zu dem auch der ADFC Hessen zählt, werden in den nächsten Tagen durch das Ministerium der Öffentlichkeit vorgestellt.

Wir erwarten, dass diese Arbeitsgemeinschaft die Nahmobilität, und somit das Radfahren, umfassend fördern und sich als landesweites Kompetenzzentrum mit einem großen Mehrwert für die Kommunen etablieren wird.

Die Konstituierung der AG wird vom ADFC Hessen sehr begrüßt. Wir werden uns dafür einsetzen, dass sie einen wirklichen Beitrag zur deutlichen Erhöhung des Radverkehrs bis zum Jahre 2020 und darüber hinaus leisten wird.

Ohne ein größeres Engagement des Landes wird dies aber nicht möglich sein.

Als ADFC Hessen werden wir uns weiterhin konstruktiv und kritisch für eine bessere Fahrradmobilität einsetzen - und zwar als Partner der hessischen Kommunen, Landkreise und des Landes.

Dieses Statement als PDF Datei herunterladen.

Pressekontakt:
ADFC Hessen e.V.
Norbert Sanden
Löwengasse 27A
60385 Frankfurt am Main
Tel.: 069 9563460 - 41
Fax: 069 9563460 - 43

E-Mail:
www.adfc-hessen.de


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