ADFC Hessen: Nachrichten

29.11.2019

Kommentar: Die Radschnellwege und die Baulast

Das Thema Radschnellverbindungen ist sicherlich schon mehr als eine Dekade in der öffentlichen Diskussion in Hessen und in dieser Zeit wenigstens potenziell auf der verkehrspolitischen Agenda.

Wir sind stolz darauf, dass es auch der ADFC war, der zunächst im Rahmen des Radforums RheinMain des Regionalverbandes FrankfurtRheinMain den Begriff Radschnellweg in Hessen einführte und bei vielen Gelegenheiten in die Öffentlichkeit brachte. Der ADFC war auch in verschiedenen Gremien aktiv, um die Vorbereitung von Radschnellverbindungen voranzutreiben.

Korridorstudien und Potenzialanalysen zu den Radschnellverbindungen sagen, dass landesweit rd. 350 Kilometer RSV gebaut werden müssen. Tatsächlich wurden bislang vier Kilometer fertiggestellt. Mit diesem Ergebnis kann niemand zufrieden sein.

Wir freuen uns darüber, dass von den uns bekannten 11 Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf sich zehn grundsätzlich für die Übernahme der Baulast durch das Land aussprechen.

Die Baulast des Landes kann die Schaffung von Radschnellverbindungen erleichtern und beschleunigen. Die entscheidende Voraussetzung dafür ist aber, dass Hessen Mobil in die Lage versetzt wird, diese Aufgabe - unter angemessener Einbeziehung der Kommunen - tatsächlich übernehmen zu können.

Dass auch andere Stellungnahmen diese Fähigkeit bezweifeln ist einerseits eine Tatsachenbeschreibung, andererseits aber auch eine implizit massive Kritik daran, dass der Radverkehr bei Hessen Mobil weiterhin eine als nicht besonders wichtig erachtete Aufgabe ist. Wir erkennen allerdings an, dass dort mit einem Prozess begonnen wurde, der dies ändern will. Zu erwähnen ist hier insbesondere die Einrichtung der Steuerungsgruppe Radverkehr, die eine hervorragende Arbeit leistet.

Es ist unverständlich, warum diese Behörde, die sich durch eine grundlegende Umstrukturierung (Auslagerung des Autobahnbereiches) ab 2021 ergebende Gelegenheit nicht nutzt, um durch die Übernahme der Baulast für die Radschnellverbindungen das "Fahrradelement" bei Hessen Mobil auszuweiten und zu stärken.

Unverständlich ist auch die vehemente Ablehnung des FDP-Vorstoßes durch das grüngeführte Verkehrsministerium, ist doch zu vermuten, dass Minister Al-Wazir, wäre er noch in der Opposition, selbst die Übernahme von Radschnellverbindungen in die Baulast des Landes fordern würde.

Unabhängig von dem unmittelbaren und konkreten Ausgang des Verfahrens sind wir der FDP-Fraktion sehr dankbar dafür, dass sie dieses wichtige Thema in das Bewusstsein von Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit beförderte.

Norbert Sanden, Geschäftsführer ADFC Hessen


Der ADFC Hessen anlässlich der Anhörung zu einem Gesetzentwurf der FDP

Stellungnahme zum Entwurf für ein Hessisches Radschnellverbindungsgesetz

Öffentliche Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen am 27. November 2019. Stellungnahme des ADFC Hessen zum Gesetzentwurf der Fraktion der Freien Demokraten, Gesetz zum Ausbau von Radschnellverbindungen in Hessen - Hessisches Radschnellverbindungsgesetz (HRadSVG) - Drucks. 20/1080 -

  1. Der Gesetzentwurf der FDP ist zu begrüßen und entspricht der langjährigen Forderung des ADFC Hessen nach einer diesbezüglichen Änderung des Hessischen Straßengesetzes. Durch Gesetz muss der Umfang der Baulast durch das Land erweitert werden.

    Erst wenn Radschnellverbindungen in der Baulast des Landes liegen, können auch in Form von Vereinbarungen die Planung und der Bau sowie die Finanzierung von Rad-schnellverbindungen zum Beispiel durch Kommunen oder Verbände übernommen werden.

  2. Gemäß dem geltenden Hessischen Straßengesetz fallen Radwege nur dann in die Baulast des Landes, wenn sie zum Baukörper einer Landesstraße gehören. Als Landesstraßen werden im Gesetz (§ 3) Straßen definiert, "die innerhalb des Landesgebietes untereinander oder zusammen mit Bundesfernstraßen ein Verkehrsnetz bilden und vorwiegend einem über das Gebiet eines Kreises hinausgehenden Durchgangsverkehr dienen (…)."

    Zum Straßenkörper einer Landesstraße gehören aber nur die sogenannten unselbständigen Radwege. Das sind "Radwege, auch wenn sie ohne unmittelbaren räumlichen Zusammenhang im Wesentlichen mit der für den Kraftfahrzeugverkehr bestimmten Fahrbahn gleichlaufen".

    Diese Sichtweise ist auf den Kraftfahrzeugverkehr fixiert, die Erfordernisse des Radverkehrs bleiben unbeachtet. Die eigenständige Bedeutung einer Radverkehrsinfrastruktur, die erforderlich ist, um das Potential des Radverkehrs für die Sicherung und Gewährleistung der Mobilität zu erschließen, wird dabei außer Acht gelassen.

    Daher ist nach Auffassung des ADFC Hessen eine Neuregelung für regionale Radwege und eine Erweiterung der Baulast des Landes auch für selbständige Radwege, die eine regionale Bedeutung haben, erforderlich.

  3. Die Baulast des Landes kann die Schaffung von Radschnellverbindungen erleichtern und beschleunigen. Die entscheidende Voraussetzung dafür ist, dass Hessen Mobil in die Lage versetzt wird, diese Aufgabe - unter angemessener Einbeziehung der Kommunen - tatsächlich übernehmen zu können.

    Da dies bislang noch nicht gesichert ist, begrüßt der ADFC Hessen es sehr, dass der Regionalverband FrankfurtRheinMain die Initiative als Vorhabenträger in der Rhein-Main-Region ergriffen hat. Für die geplanten Radschnellverbindungen, wie zum Beispiel Frankfurt-Hanau oder Frankfurt-Vordertaunus, bietet der Regionalverband den Kommunen an, die Vorhabenträgerschaft zu übernehmen und damit die Planung und den Bau von Radschnellverbindungen durchzuführen.

    Nach Fertigstellung würden die Radschnellverbindungen (sofern es keine gesetzlichen Änderungen geben wird) unter die Baulastträgerschaft der beteiligten Kommunen fallen, sodass deren Betrieb und Wartung in kommunaler Verantwortung lägen.

  4. Das Land kann Baurecht im Rahmen der Planfeststellung schaffen. Es müssen allerdings Verfahren gefunden oder neugestaltet werden, die eine sehr zügige Umsetzung von Planungen in tatsächlich befahrbare Radschnellverbindungen ermöglichen. Dazu wäre es wünschenswert, wenn der Hessische Landtag in einem Programm die Planung und den Bau bestimmter Radschnellverbindungen beschließt. Dies würde die Rechtfertigung und das notwendige öffentliche Interesse an Radschnellverbindungen erhöhen.

    Bisher müssen sich die beteiligten Kommunen untereinander einigen. Maßgebend dabei ist das schwächste Glied in der Kette. Kann eine Kommune trotz hoher Förderung ihren Eigenanteil nicht finanzieren, kann das gesamte Projekt platzen, was kontraproduktiv ist.

  5. Der FDP-Entwurf ist parallel zum entsprechenden Gesetz in Baden-Württemberg formuliert. Dort heißt es, dass Radschnellverbindungen vor allem dem Alltagsverkehr dienen sollen. Dies sieht der FDP-Entwurf nur in der Begründung, nicht aber im Gesetzestext vor. Das macht die Realisierung von Radschnellverbindungen sogar einfacher möglich als in Baden-Württemberg, was wir begrüßen, insofern tatsächlich ein Nutzerpotential vorhanden ist.

  6. Es sollte zusätzlich darauf hingewiesen werden, dass stillgelegte Bahntrassen auf ihre Eignung als Radschnellverbindungen zu untersuchen sind. Dies sollte allerdings nicht dazu führen, dass dadurch die begrüßenswerten Bemühungen, stillgelegte Schienenstrecken als Bahnverbindungen zu reaktivieren, gestört werden.

  7. Im Gesetzentwurf heißt es: "Den Kreisen und Kommunen, sowie dem Regionalverband FrankfurtRheinMain, kann durch Vereinbarung mit dem Land die Planung und der Bau der Radschnellverbindungen übertragen werden."

    Dieser Passus ist wichtig, damit begonnene Projekte weitergeführt werden können und damit z.B. der Regionalverband das Thema vorantreiben kann, wenn das Land es nicht macht. Die explizite Nennung des Regionalverbandes sollte andere Verbände und relevante Organisationen, wie den Zweckverband Raum Kassel, Lahnpark GmbH (Gießen-Wetzlar) oder die Deutsche Bahn (Wetterau) natürlich nicht ausschließen.

Diese Stellungnahme als PDF-Dokument herunterladen.


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