24. April 2023

Pressemitteilung

ADFC-Fahrradklimatest 2022:

Hessische Städte radeln dem Land davon

  • Frankfurt am Main, Darmstadt und Baunatal gehören zu Deutschlands fahrradfreundlichsten Städten
  • Fahrradförderung in großen Städten zeigt Wirkung, viel Handlungsbedarf im ländlichen Raum
  • ADFC-Analyse: Tempo 30 kann Fahrradklima schnell flächendeckend verbessern / Fehlende überörtliche Radverbindungen müssen mit Vorrang gebaut werden

Drei hessische Städte sind heute beim deutschlandweiten ADFC-Fahrradklima-Test in Berlin ausgezeichnet worden: Frankfurt am Main steigt mit der Durchschnittsnote 3,61 auf Platz 2 in seiner Städteklasse auf. Bei Großstädten unter 200.000 Einwohnenden wird Darmstadt mit der Note 3,58 Dritter, und Baunatal verteidigt mit der Note 2,47 in seiner Kategorie den ersten Platz. Abseits der großen Städte herrscht etwas Licht, vor allem aber sehr viel Schatten in Hessen: Von den 111 Kommunen in der aktuellen Auswertung waren 89 auch vor zwei Jahren dabei. 58 erzielten 2022 eine schlechtere Note als 2020, nur 22 konnten sich verbessern. In Hessen hatten sich 18.500 Radfahrende im Herbst 2022 an der Befragung beteiligt, bundesweit waren es 245.000.

Frankfurt am Main verbessert sich um eine Zehntelnote, überholt Hannover und belegt bundesweit den zweiten Platz knapp hinter Bremen. Die hessische Großstadt profitiert von der guten Fahrradförderung in jüngster Zeit, wodurch auch das Stadtzentrum besser erreichbar geworden ist. Hier verbessert sich Frankfurt ebenso wie bei der Wegweisung (von 2,9 auf 2,4). ADFC-Landesvorsitzender Ansgar Hegerfeld: "Die Umgestaltung von Fahrstreifen zu teils geschützten Radwegen in Frankfurt verändert allmählich die sonst eher kritische Bewertung der Radwegbreiten: Hier ist eine positive Entwicklung festzustellen, die honoriert wird. Fahrraddiebstähle und verkehrsgefährdendes Falschparken trüben aber weiter das Fahrradklima."

In Darmstadt hat sich die Bewertung in der überwiegenden Anzahl der Einzelfragen - wenn auch nur geringfügig - verbessert. Dabei schneidet der Bereich Infrastruktur Radverkehrsnetz (2,8) am besten ab. "Das spiegelt Darmstadts Anstrengungen für den Radverkehr in den letzten Jahren wider, die vor allem durch Radentscheid und ADFC angestoßen wurden. Allerdings weisen die Kommentare in der Befragung zu Lücken im Radverkehrsnetz darauf hin, dass auch in den kommenden Jahren noch viel Arbeit zu leisten ist", erläutert Helga Hofmann, stellvertretende Vorsitzende des ADFC Hessen.

Wiesbaden gelingt es, die vor zwei Jahren stark verbesserte Note zu bestätigen, verharrt aber bei einer glanzlosen 3,9. Auch Kassel (4,2) und Offenbach (3,7) stagnieren. Die Unistädte Gießen und Marburg (jeweils 3,7) schneiden passabel ab. Fulda stagniert bei einer mäßigen 4,2. Bad Homburg (4,2), Hanau (4,1) Rüsselsheim (3,8) und Wetzlar (4,4) verschlechtern sich um ein bis zwei Zehntel Notenpunkte.

Auf den politischen Willen im Rathaus kommt es an

Bei den kleineren Kommunen mit 20.000 bis 50.000 Einwohnenden siegt zum dritten Mal in Folge Baunatal. "Hier passt Vieles gut zusammen", erläutert Oliver Moschner-Schweder, Vorsitzender des ADFC Limburg-Weilburg: "Baunatal weist durch die Nähe zu Kassel ein hohes Radverkehrspotenzial auf, hat dabei nicht die räumlichen Restriktionen einer Großstadt und gleichzeitig ein solides finanzielles Fundament. Am wichtigsten ist aber der politische Wille der handelnden Personen im Rathaus - diesen Willen, den Radverkehr zu fördern, spürt man in Baunatal", so Moschner-Schweder.

Relativ gut schneiden auch kleinere Städte und Gemeinden im Frankfurter Umland ab: Eschborn (3,7), Karben (3,6), Mörfelden-Walldorf (3,4), Oberursel (3,7) oder Dreieich (3,7). Dort fördern die Kommunen seit längerer Zeit den Radverkehr aktiv, oft in produktiver Zusammenarbeit mit dem ADFC.

Umgekehrt gibt es zahlreiche Kommunen im ländlichen Raum, in denen Radfahren allenfalls als Freizeitaktivität eine Rolle spielt. Negativbeispiele finden sich in Limburg (Durchschnittsnote 4,26), Büdingen (4,42) Bad Hersfeld (4,54) und Künzell (4,38). Bei den Kommunen unter 20.000 Einwohnenden liegen die beiden schlechtesten bewerteten Orte im Hochtaunuskreis: Königstein (4,51) und Usingen (4,56).

In der Zusatzbefragung zum ländlichen Raum beim Fahrradklima-Test 2022 sollten die Teilnehmenden bewerten, wie gut die Nachbarorte per Rad zu erreichen sind. Hier gab es vor allem für kleinere Kommunen, die weit von urbanen Zentren entfernt sind, schlechte Noten: Beispiele sind Homberg Efze (4,68) Glashütten (4,92) und Grävenwiesbach (5,24). Auch die Möglichkeit zur eigenständigen Radmobilität von Kindern und Jugendlichen erfährt oft eine negative Bewertung, etwa in Hünstetten (4,54), Schmitten (4,80) oder Reiskirchen (4,93).

Tempo 30 würde das Fahrradklima "auf Knopfdruck" verbessern

"Der Bund muss die Straßenverkehrsordnung so anpassen, dass die Kommunen endlich die Möglichkeit bekommen, um Tempo 30 überall dort anordnen zu können, wo sie die Verkehrssicherheit und die Lebensqualität vor Ort verbessern wollen. Schon 640 Kommunen bundesweit setzen sich dafür ein - unterstützt vom Deutschen Städtetag. Leider ist das Bundesverkehrsministerium auf diesem Ohr bisher völlig taub", ergänzt Landesvorsitzender Ansgar Hegerfeld.

Aber auch das Land sieht der ADFC Hessen in der Pflicht: "Oft erhalten Kommunen eine schlechte Bewertung für eine fehlende überörtliche Radverbindung, ohne dass sie etwas dafür können, weil an der Landesstraße ein Radweg fehlt. Hierfür ist aber das Land zuständig, das in Hessen nur 11 Prozent der Landesstraßen mit einem Radweg ausgestattet hat und damit bundesweit auf dem drittletzten Platz liegt", so die Kritik von Oliver Moschner-Schweder.

100 Kilometer neue Radwege an Landesstraßen - jedes Jahr

Der ADFC Hessen fordert daher vom Land Hessen, ab sofort jährlich 100 Kilometer Radwege an Landesstraßen zu bauen. In den vergangenen neun Jahren wuchs das hessische Radwegenetz an Landesstraßen nur um 27 Kilometer, obwohl Minister Al-Wazir 2016 angekündigt hatte, bis 2022 rund 100 Kilometer Radwege zu bauen.

Helga Hofmann ermutigte alle Kommunen, dem Wunsch der Bürger:innen nach einem besseren Fahrradklima aufgeschlossen zu begegnen: "Manchmal können niedrigschwellige Verbesserungen bereits viel bewirken: Die Öffnung einer Einbahnstraße, eine sichere Führung um Baustellen herum, eine strengere Kontrolle von Falschparkern. Wenn es einer Kommune an Ideen zur Verbesserung fehlt, liegt dies oft daran, dass sie noch nicht einmal Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Nahmobilität des Landes Hessen sind, die unter anderem auch über Fördermöglichkeiten für Radverkehrsmaßnahmen informiert."

Zu den Ergebnissen hessischer Kommunen beim ADFC-Fahrradklima-Test 2022.

Überblick der Bewertung zur Zusatzbefragung ländlicher Raum

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Pressekontakt ADFC Hessen e.V.:
Sofrony Riedmann
Löwengasse 27A
60385 Frankfurt am Main
Mobil: 0151-21321678

E-Mail:
www.adfc-hessen.de

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